Mit Bedauern verließ ich das Hotel in Chiang Rai, in dem ich die vergangenen fünf Tage gewohnt hatte. Es kamen betreffend Unterkunft wieder ungewisse Zeiten auf mich zu, was sich bei einer langen Reise durchaus zum Stressfaktor entwickeln kann. Ein letztes Mal fuhren wir nach Norden zum Verkehrsknotenpunkt Mae Chan, wo wir Richtung Westen abbogen. Eine
große Tempelanlage hatte schon Tage zuvor beim Vorbeifahren nahe Mae Chan meine Aufmerksamkeit erregt. Ich bat Mr. Wat, stehen zu bleiben und ging hinein. Es gibt so viele Varianten, jeder Tempel schaut irgendwie anders aus. Dieser fiel mir durch seine gelben Linien am Dach, die dunkelgrauen Dachkacheln und den zweistöckigen Aufbau auf. Das war eine lustige Situation, denn da war weit und breit niemand und ich spazierte am Gelände einfach herum. Später kam ein Mönch, dem ich freundlich zunickte. Gleich daneben stand wieder so ein blaues Schild mit einem Hinweis auf den
Tat Thong Wasserfall. Mir war sofort klar, dass es keinen Wasserfall geben würde, höchstens einen kleinen Bach, aber dennoch folgte ich dem Pfad in den Dschungel.
Es war unglaublich, wie schnell sich innerhalb weniger Meter die Umgebung ändern konnte. Im Wald herrschte ein „Höllenlärm“ und es war stickig feucht. Insekten trieben ihr Unwesen. Ein kleiner Bach plätscherte dahin, mehr war nicht zu sehen. Am Weg zurück zur Hauptstraße lag noch ein desolates „Mineralbad“, wie es sich nannte. Eine heiße Quelle wurde irgendwann gefasst, Gebäude ringsherum gebaut und in der Folge verfallen gelassen. Das Areal ergab ein unschönes Bild. Solche Situationen hatte ich in Thailand schon öfter gesehen. Nach anfänglicher Bergfahrt reisten wir durch ein wunderschönes grünes Tal, dessen Berge in der Sonne strahlten. Es war wie im Bilderbuch, eine Gegend einfach zum Verlieben.
Dann erreichten wir
Tha Thon. Die Kleinstadt liegt sehr idyllisch in einer Biegung des Kok Flusses ganz nahe an der Grenze zu Myanmar. Der wunderschöne Fluss dominiert das Tal und es verkehren auch Ausflugsboote bis nach Chiang Rai,
das mehr als neunzig Kilometer entfernt ist. Auf der Brücke schoss ich ein paar Fotos und entdeckte einen Hinweis auf eine schöne Fluss-Aussicht. Wir fuhren hin. Es handelte sich um ein Restaurant direkt am Wasser. Nachdem Mr. Wat offenbar nicht immer wusste, was ich wollte, sagte ich es ihm zunehmend deutlich. Die Hauptattraktion dieses phantastischen Ortes stellt allerdings zweifelsohne der von seiner Hügellage aus die Stadt beherrschende
Wat Tha Ton dar. Ein kolossaler weißer Buddha sitzt auf halber Höhe und ist schon von weitem zu sehen. Wir fuhren hinauf, wobei ich die letzten Meter der Schönheit des Platzes wegen zu Fuß machte. Der turmartige Wat hatte auf mehreren Geschoßen einiges zu bieten. Schon im Außenbereich fielen mir neben den bekannten Fantasiegeschöpfen die Tiger-, und Elefantenfiguren auf. In der untersten Ebene im Inneren waren in einem Rundgang zahllose Skulpturen und Figuren ausgestellt. Weiter oben waren Wachsfiguren von Mönchen zu sehen, die am ersten Blick täuschend echt wirkten. Der Aufstieg erfolgte an der Außenwand ohne Stufen
entlang einer schiefen Ebene. Ganz oben bewachten zwei goldene Ungeheuer halb Schlange halb Löwe einen kleinen Altar. Der Panoramablick von der Rundterrasse war einfach sensationell. Die Sonne schien stark, aber in der Ferne sah ich bereits den Regen heranziehen. Das ergab ebenfalls ein tolles Bild. Auf dem Platz am Fuße der Anlage sind zwei kleine Teiche angelegt, an deren Ufer sich monströse Riesenungeheuer in Schlangenform drängen. Ich hatte gerade alles gesehen, als der Regen hereinbrach.
Wir fuhren weiter in die nicht allzu weit entfernte Stadt
Fang. Auf halbem Weg blieben wir zum Mittagessen stehen. Der Kellner verschüttete bei einem Missgeschick seinen ganzen Vorrat an Reis. Dann servierte er kalten Reis, den ich zurück schickte. Er ging zum Nachbarn um eine neue Portion zu bringen, wieder kalt. Auch die Suppe schmeckte nicht wirklich gut. Ich war froh, als es weiter ging. An diesem Ort war nichts auszurichten gewesen. Fang war im Jahr 1268 als Handelszentrum in strategisch vorteilhafter Lage
an einem Taleingang von König Mengrai gegründet worden. Das Bild der Stadt wird durch zweigeschossige Teakholzhäuser geprägt. Der Einfluss des nahen Myanmar ist bei vielen Bauwerken merkbar, so auch beim
Wat Jong Paen, den ich kurz besuchte. Ich glaubte, auch Lanna-Merkmale im Inneren des Tempels erkannt zu haben. Der Regen war längst vorbei und die Sonne schien wieder kräftig vom Himmel. Ich ging in der Stadt spazieren und sah mir die Holzhäuser an. Überall herrschte reges Treiben und Werken. Dann stolperte ich über den
Wat Chedi Kame, den ich auch noch besichtigte, eine schöne Anlage, die nicht im Reiseführer zu finden war. Sein Mondop und weißer Chedi sind bemerkenswert. Wir folgten der Straße mit der Nummer 107, die sehr gut ausgebaut war nach Süden. Unser Ziel
Mae Taeng war noch an die hundert Kilometer entfernt. Überall standen ringsum Berge, teils große Kalksteinformationen. Zwischendurch regnete es neuerlich kurz. Man hatte einen weiten Blick nach vorne und die Landschaft war großartig. Bei einem angeschwollenen Fluss blieben wir kurz stehen.
Huai Nam Dang Nationalpark
Bei der Einfahrt nach Mae Taeng sah ich einen wunderschönen unbekannten goldenen Chedi im warmen Abendlicht glänzen. Ich war ganz begeistert. Schnell fanden wir nach anfänglichen Problemen eine geeignete Schlafstätte. Die Leute waren sehr nett und erledigten sogar meine Wäsche über Nacht. Man merkte, dass in der Stadt selten Touristen vorbei kommen.
Das Gebiet um Mae Taeng und hier insbesondere die Umgebung des gleichnamigen Flusses im Nordwesten ist ein beliebtes Wandergebiet. Es gibt auch viele ethnische Dörfer, die von Touristen besucht werden. Zum Wandern blieb mir keine Zeit und mit Mr. Wat war das schon gar nicht möglich. Die kleinen aneinandergereihten Zimmer meiner Unterkunft wurden auch als Stundenhotel genutzt, brachte ich in Erfahrung. Aber immerhin war es halbwegs sauber und die Leute sympathisch, das wog Vieles auf. Auf Bestellung wurde mir ein gutes Frühstück serviert, auch eine Seltenheit in Thailand. Wir brachen in Richtung
Pai auf, unserem nächsten Ziel.
Huai Nam Dang Nationalpark-Eiang Nguen Palace
Die Fahrt ging durch den Dschungel der Berge und eine Reihe von Dörfern ethnischer Minderheiten. Mehr oder weniger bei jedem Stopp suchte Mr. Wat nach Schnäppchen bei den diversen Ständen. Der halbe Kofferraum war schon mit seinen Einkäufen vollgerammelt. Er behauptete, dass es sich ausnahmslos um Geschenke handeln würde. Beim Kaufvorgang feilschte er jeweils so penetrant, dass es mir schon peinlich war. Ich konnte mich nur mehr wundern. Pai war noch an die fünfzig Kilometer entfernt, doch am Weg lagen viele interessante Sehenswürdigkeiten. Bei der
Huai Namdang Forest Fire Control Station, einem schönen Aussichtspunkt, blieben wir kurz stehen. Die nächste Station war der
Huai Nam Dang Nationalpark. Mr. Wat fragte mich, ob ich angesichts des Eintrittspreises von umgerechnet fünf Euro hineinfahren wolle. Ich verstand die Frage nicht. Dann erklärte er mir, dass dies den meisten Touristen zu teuer sei. Mir war es gerade recht, denn ich liebte Nationalparks. Das Problem bestand meist nur darin, dass sie viel Zeit in Anspruch nahmen, die nicht immer vorhanden war.
Memorial Bridge zwischen Mae Taeng und Pai
Der Eingang befindet sich auf 1.400 Meter Höhe. Eine schmale Straße führte zu verschiedenen Stationen. Bald gab es den ersten Aussichtspunkt. Leider war es ziemlich bewölkt und die Sonne kam nur vereinzelt durch. Das trübte meine Sicht ganz beträchtlich. Dann gelangten wir zum
Doi Kiew Lom View Point auf 1.615 Meter Höhe, wo auch ein kleines Besucherzentrum steht. Der 81. Nationalpark Thailands weist eine Größe von 1.252 Quadratkilometern auf und wurde im Jahr 1995 eingerichtet. Er erstreckt sich über mehrere Provinzen. Seine Besonderheiten sind einerseits die Naturschönheiten wie der morgendliche
Wolkensee im Tal in der kühleren Jahreszeit und auch der
Eiang Nguen Palace, der als Winterresidenz der Prinzessin fungiert. Das Holz-Chalet im Schweizer Stil liegt noch ein paar Meter über dem Aussichtspunkt und hat einen eigenen Hubschrauberlandeplatz. Das ganze Anwesen sah allerdings ziemlich verlassen aus. Es gibt auch heiße Quellen und Geysire im Park. Schlussendlich zeigte sich doch noch teilweise die Sonne, was die Bergformationen
Pai-Wat Phra That Mae Yen
in interessanten hell-dunkel Schattierungen erscheinen ließ. Tiere sah sich leider keine.
Weiter ging es durch eine anhaltend schöne Landschaft, bevor wir die
Memorial Bridge erreichten. Diese Brücke über den Pai Fluss stammt ursprünglich aus dem Zweiten Weltkrieg, als die Japaner ihre Aggressionspolitik Richtung Burma vorantrieben und Chiang Mai mit Mae Hong Son verbinden wollten. Gegen Ende des Krieges brannten sie die Brücke wieder nieder, was die lokale Bevölkerung in große Probleme brachte. Eine neue Holzbrücke wurde unter gemeinsamen Anstrengungen gebaut. Doch auch diese wurde im Jahr 1973 von einer Flut zerstört und in der Folge eine Stahlbrücke errichtet. Diese steht noch heute als Erinnerung an die geschichtlichen Ereignisse neben der modernen neuen Brücke.
Nach dem Mittagessen zweigten wir kurz von der Hauptstraße ab, um die
Ta Pai Hot Spring-Quellen zu besuchen. Dort gab es mitten im Wald
Pai-Blick vom Wat Phra That Mae Yen
ein paar Stationen mit Becken heißen und warmen Wassers, wo man baden konnte. Die Temperaturen betrugen bis zu 80 Grad Celsius. Ich hielt meine Füße eine Weile in den ca. 37 Grad heißen Bach. An einer anderen Stelle stand auf einem Schild zu lesen, dass Eierkochen hier nicht erwünscht wäre. Die Quellen waren ursprünglich vom Viehbestand und bei Grubenarbeiten entdeckt worden. Pai war nicht mehr weit entfernt und die Landschaft immer noch wunderschön. Vom
Wat Prathad Jom Jaeng hatte ich erneut einen tollen Ausblick ins Umland. Wie immer besetzten die Tempelanlagen die eindrucksvollsten Plätze. In Pai angelangt ging es gleich zum
Wat Phra That Mae Yen, einem Tempel des Shan-Volkes. Dieser liegt auf einer Anhöhe im Osten der Stadt und Mr. Wat hatte seine Mühe, ihn zu finden. Ein gigantischer weißer Buddha befand sich gerade in Fertigstellung. Auch von diesem wunderbaren Ort genoss ich einen einmaligen Blick ins sonnendurchflutete Tal.
Die Stadt Pai liegt in einem schönen Tal umgeben von reizvoller Landschaft und war bei unserem Besuch stark von Touristen bevölkert. Vor allem für die Rucksackreisenden ist der Ort ein Mekka. Pai war ursprünglich eine Shan-Siedlung, in der in der Zwischenzeit auch Stammesangehörige von Bergvölkern leben. Leider ergibt die Konstellation von schöner Landschaft gepaart mit vielen Touristen oft ein Problem bei der Hotelsuche. Die Einheimischen können dann der Versuchung nicht widerstehen, unangemessene Preise für brauchbare Zimmer zu verlangen oder gleich generell miese Zimmer zu unverschämten Preisen anzubieten. Genau das war in Pai wieder der Fall, wie auch ein wenig zurückliegend in Chiang Mai. Ich buchte ein Zimmer im
„River of Love - Pai Resort“ mit dem ausdrücklichen Hinweis, dass das Internet funktionieren müsse. Das wurde auch zugesichert. Schon das Zimmer war für mich an der Grenze des Annehmbaren, wenn ich den Preis betrachtete, doch das Internet ging überhaupt nicht. Ich war sehr verärgert und beschwerte mich am nächsten Morgen. Es wurde die übliche Variante gespielt, indem einfach niemand Englisch sprach.
Das war eigentlich schon die nächste Fahrlässigkeit in so einem internationalen Touristenzentrum und wäre ein Grund mehr gewesen, den Preis zu senken. Aber ich hatte Mr. Wat und beauftragte ihn, zu übersetzen. Es brachte nichts. Die Dame an der Rezeption hatte null Kompetenz und Ahnung. Doch ich ließ dieses Mal nicht locker, weil mir das schon zu oft passiert war und die Menschen auch lernen müssen. Ich verlangte den Geschäftsführer. Der saß aber in Bangkok und schlief noch. Es war mir egal, immerhin war es zehn Uhr vormittags. Dann wurde mir ein Mobiltelefon gereicht und er war dran. Ich schilderte die Situation und brachte meinen Wunsch vor, symbolhaft einen geringen Betrag zurückerstattet zu bekommen. Der Mann hatte von Kundenorientierung nicht die geringste Vorstellung. Er wies alles ab und legte später einfach auf. Ich versprach ihm vorher noch, sein mieses Hotel im Internet entsprechend zu erwähnen, was hiermit passiert ist. Ein schöner Name und ein guter Ausblick sind in einem sonst schlechten Haus eben auch nicht
ausreichend.
Nach diesem morgendlichen Ärgernis ging der Tag aber voller neuer Eindrücke weiter. Das Wetter war vom Feinsten, die Sonne lachte in das herrliche Pai-Tal. Wir besuchten einen typischen Shan-Tempel mit mehrstufigen Dächern und weißen und gelben Fließen. Mir gefiel allerdings der Chedi des
Wat Klang am besten. Auch der
Wat Luang liegt mitten im Ort und war leicht zu finden. Auf dem Tempelgelände befindet sich in einem eingegrenzten Bereich ein weiß-goldener Chedi umgeben von zwölf untergeordneten Chedis. Das sah für meine Augen hervorragend aus. Wie ich schon meinem vorhergehenden Reiseführer Saran einmal mitgeteilt hatte, sehe ich die Tempel nicht als religiöse Symbole, sondern vielmehr als Kunstwerke und beurteile sie danach. Daher machte es mir auch nichts aus, so eine große Anzahl zu besichtigen, da ich ständig etwas Neues entdecken konnte. Im Eingangsbereich des Wat Luang sitzt eine größere goldene Buddha-Statue mit einem goldenen Schirm über dem Kopf,
was offenbar so viel zu bedeuten hatte, wie unter dem Schutz des Buddha zu stehen. An diesem Tag hatten wir wirklich ein sehr dichtes Programm. Wir fuhren an der anderen Seite des Ortes den Berghang zum
Wat Nam Hu hinauf. Das Besondere an dieser Anlage ist die Buddha-Figur „Pra Singha“, deren Kopf hohl und wasserdurchlässig ist. Das Wasser dieser heiligen Bronze-Statue wird somit ebenfalls als heilig angesehen. Mir gefiel auch der goldene Chedi sehr gut. Es ging weiter bergauf zu einem „Viewpoint“, an dem sich ein
Chinese Village befand. Die Funktion dieses burgartigen Gebäudes im Stil des Wiener Praters erfasste ich nicht ganz. Es sah nett aus, aber wozu diente es? Offenbar gibt es eine chinesische Gemeinde im Ort, die sich hier trifft, das war mein Schluss aus dem Gesehenen. Danach verließen wir das malerische Pai in Richtung
Mae Hong Son.
Von der Straße bot sich meist ein toller Blick ins Land. Wir mussten zwei Pässe überwinden und oben gab es jeweils einen Aussichtspunkt.
Pang Mapha Viewpoint zwischen Pai und Mae Hong Son
Der
Kiew-Lom Viewpoint bot erneut einen Ausblick über bewaldete Berghänge, Täler und Bergspitzen. An diesen Orten mit Parkplatz verkaufen die Bergstämme meist ihre handwerklichen Produkte. Mr. Wat verhandelte wieder so wild, dass sich die Stammesfrau schon zu wundern begann. Ich stand dabei und staunte. Aber schließlich gab sie nach. Es handelte sich um lächerliche Beträge. Vom
Pang Mapha Viewpoint aus waren Kalksteinhügel zu sehen und wieder herrliche Berge, Wälder und Täler. Solche Bilder konnten bei diesem Prachtwetter einfach nicht langweilig werden. Weniger als eine Stunde später stellte mir Mr. Wat den
Thampla Namtok Phasuea Nationalpark, der schon teilweise zu Mae Hong Son gehört, vor. Dieser 630 Quadratkilometer große Park zeigt in seiner Topografie steile Bergspitzen mit bis zu 1.900 Meter Höhe. Er grenzt im Norden und Westen an das Nachbarland Myanmar. Ich bezahlte die üblichen 200 Baht Eintrittsgebühr (ca. 5 Euro) und ging den Trail entlang vorbei an der Ranger Station. Die Lage am Fuß eines steilen Karsthügels und eines Baches war sehr idyllisch.
Die Hauptattraktion waren die vielen Fische, die sich an verschieden Stellen sammelten und auf Futter warteten. An einer etwa zwei Meter tiefen brunnenartigen Wasserstelle, die unterirdisch mit den Teichen verbunden ist und „Fischhöhle“ genannt wird, warfen Touristen Futter hinein. Die Fische schlugen wild umher, um an die Mahlzeit zu gelangen. Passieren konnte den Tieren nichts, da das Fischen nicht erlaubt war. Die Karpfen konnten den natürlichen Tod sterben. Ich schlenderte noch den Bach entlang, bevor wir ein Mittagessen bestellten.
Weiter ging die Reise und wir querten nochmals den Pai-Fluss. Vor uns passierte ein kleiner Unfall an einer Kreuzung. Es entstand nur Sachschaden. Am beteiligten Transporter saßen hinten viele Menschen. Da hätte viel geschehen können. Solche Varianten der Beförderung sind in Österreich verboten. Wir wollten zum
Pha Sua Wasserfall, aber Mr. Wat hatte sich verfahren. Es hieß, umdrehen und die richtige Abzweigung finden.
Mae Hong Son-Wat Phra That Doi Kung Mu
Die kleine Straße führte uns weit weg vom Hauptverkehrsstrom in eine andere Welt. Es gab Reisfelder und Karsthügel und nur wenig Besiedelung. Der Parkplatz zum Wasserfall liegt einsam mitten im Wald. Ich ging hinunter und hörte das Tosen schon von oben. Endlich sah ich wieder einen mächtigen Wasserfall, nach ein paar Rinnsalen in der jüngeren Vergangenheit. Ich war nicht allein. Zwei junge Frauen schossen auf den großen Felsen im Wasser Fotos und wagten sich weit vor. Es war nass und rutschig und die Situation nicht ganz ungefährlich. Der Fall war vielleicht zehn Meter hoch und fünfzehn Meter breit, führte aber gewaltig Wasser. Ein riesiger Baumstamm lag verkeilt zwischen den Felsen. Ich bereute nicht, den Umweg an diese Stelle veranlasst zu haben.
Dann fuhren wir in der abgelegenen eher birmanisch geprägten Stadt Mae Hong Son ein. Ich spürte gleich, dass es mir hier gefallen würde. Auch gab es nur wenige Touristen, was mich sehr erfreute. Wir fanden sofort eine schöne Unterkunft, wo alles funktionierte und passte,
Mae Hong Son-Blick vom Wat Phra That Doi Kung Mu
kein Vergleich mit den Ärgernissen in Pai. Doch der Tag war noch nicht zu Ende. Der
Wat Phra That Doi Kung Mu liegt auf einem Hügel neben der Stadt und bietet eine traumhafte Aussicht. Die Straße hinauf war steil, doch Mr. Wat schaffte es. Es war atemberaubend, von der Höhe aus vorbei an den beiden weißen Chedis in den dunkelgrauen herannahenden Gewitterhimmel zu blicken. Im Tal schien noch die Sonne, der Flughafen und der kleine See in der Stadt waren gut zu erkennen. An den Berghängen regnete es sich bereits aus und die Front rückte immer näher. Die Farbspiele hätten besser nicht inszeniert werden können. Ich war trotz des hereinbrechenden Starkregens froh, noch am späten Nachmittag dieses Schauspiel erlebt zu haben.
Mae Hong Son liegt wie Pai in einem landschaftlich reizvollen Tal. Die Stadt ist von bewaldeten Bergen umgeben. Sie entstand im Jahr 1831 aus einem Elefantencamp und blieb lange Zeit weitgehend isoliert. Erst im Jahr 1965 wurde sie durch eine Straße mit Chiang Mai verbunden.
Mae Hong Son-Wat Hua Wiang
Der Einfluss des nahen Myanmar ist nicht nur durch die Architektur zu erkennen. Die Bewohner gehören vornehmlich den Bevölkerungsgruppen der Shan und Karen an. Der Tourismus in Mae Hong Son nimmt langsam Fahrt auf vor allem als Ausgangspunkt für Trekkingtouren. Am Vormittag spazierte ich durch die lange Marktzeile und bog in den angrenzenden
Wat Hua Wiang ab. Der sehenswerte Tempel aus Teakholz ist im birmanischen Stil erbaut. Der weiß-goldene von einem niedrigen Zaun eingegrenzte Haupt-Chedi ist von einer Reihe Sub-Chedis umgeben, das Dach der Pagode ist mehrstufig. Neben dem Chedi steht ein herrlicher Pavillon ebenfalls im birmanischen Stil. Im Bot befindet sich eine heilige bronzene Buddha-Figur, die ursprünglich aus Birma stammt. Ich kehrte auf den Markt zurück und wollte große blaue Weintrauben kaufen. Doch die Enttäuschung war bei genauer Betrachtung groß. Die Qualität war nicht erstklassig und der Preis ähnlich dem in Österreich. Ich ließ es bleiben. Als ich zum Wagen kam, war Mr. Wat verschwunden.
Mae Hong Son-Wat Chong Klang und Wat Chong Kham (links)
Nach etwa zwanzig Minuten tauchte er von einer Schnäppchenjagd am Markt kommend plötzlich wieder auf. Ich war ein wenig sauer. Wir fuhren ins Zentrum zum
Chong-Kham See. Das Gewässer war ehemals ein großer Badeteich für Elefanten und dient gegenwärtig als Kulisse für die beiden herrlichen Wats am Ufer. Der
Wat Chong Klang hat ebenfalls einen eingegrenzten weiß-goldenen Chedi und fällt weiter durch das grün-goldene mehrgeschossige verschachtelte Dach auf. Es waren auch Mönche zu sehen. In einem angrenzenden Museum sind Holzschnitzereien und Glasmalereien des Shan-Volkes zu besichtigen. Der direkt daneben liegende
Wat Chong Kham stammt aus den 1820er Jahren. Seine Attraktionen sind ein mehrstufiger weiß-grüner Chedi und ein gold-weiß färbiger fünf Meter hoher sitzender Buddha. In der Gebetshalle saßen zwei Mönche am Boden beim Mittagessen. Anschließend wanderte ich durch den Park rund um den See.
Kurze Zeit später saß ich bereits im Auto und wir machten einen Ausflug in die Umgebung. Es ging entlang einer schmalen Straße,
Mae Hong Son-Elefanten-Camp
über die immer wieder das Wasser eines Baches floss. Bei einem
Elefanten-Camp machten wir Halt. Das Unternehmen bot Elefanten-Ritte, Boots-Touren und Rafting auf Bambus-Floßen an. Mich interessierte das alles nicht. Stattdessen besuchte ich eine naheliegende Produktionsstätte für weißen Reis-Whiskey. In der Zwischenzeit wusch Mr. Wat der Sparmeister sein Auto mit dem Wasser des über die Straße fließenden Baches. In einer freien überdachten Anlage mit einigen Feuerstellen wurde auf einfache manuelle Art und Weise der Whiskey produziert. Das Ziel unserer Ausfahrt war das
Ban Huai Shua Tao, ein Schaudorf der sogenannten
Padaung-Frauen. Die Frauen der Padaung haben optisch verlängerte Hälse, die sie durch Messingringe, die bereits in der Kindheit umgelegt wurden, bekommen. Diese Spiralen flachen die Schulterpartie der „Giraffenfrauen“ ab. Die Tradition schien bereits ausgestorben, als findige Tourismus-Manager entdeckten, dass einige Urlauber für Fotos bezahlen. Ich stand dem Treiben von an Anfang an skeptisch gegenüber und wollte nur das Dorf sehen.
Mae Hong Son-Wat Phra Non
Das war wieder so eine typisch überkommerzialisierte Angelegenheit. Ich spazierte durch die Dorfstraße, als mir ein Mann einen Zettel mit einer Mitleidsgeschichte über die armen „entrechteten“ Frauen aus Birma übergab. Ich steckte ihn ein und ging weiter. Für ein gewisses Salär hätte sich eine „Giraffenfrau“ bei mir gezeigt. An dieser Form der Prostitution war ich allerdings nicht im Geringsten interessiert. Als ich nach einem Mittagessen Ausschau hielt, wurde es im Dorf wieder kompliziert. Eine lokale Tussi wollte mir irgendetwas einreden, was ich nicht wollte. Wir fuhren ab. Am Rande des Dorfes stand eine kleine Tempelanlage aus Holz. Die Gegend war schön, nur die Menschen gefielen mir wenig.
Beim Zurückfahren überquerten wir neuerlich den Pai-Fluss. In Mae Hong Son besuchte ich einen im Bau befindlichen chinesischen Tempel und den
Wat Phra Non. Der Tempel bezieht seinen Namen aus der zwölf Meter hohen Schlafenden Buddha-Figur. Sie wurde
Reparaturwerkstätte in Mae Hong Son
im Jahr 1875 aus Ziegel und Beton erbaut. Daneben stehen zwei riesige wachende vierbeinige Ungeheuer an einem breiten Stiegenaufgang. Sonst hatte die Anlage im birmanischen Stil wenig Interessantes zu bieten. Zum Abschluss sah ich mir noch das gegenüberliegende Königsdenkmal an, bevor wir endlich zu einem Mittagessen gelangten.
Nach zwei schönen Tagen verließen wir Mae Hong Son wieder. Der Tag begann jedoch überaus unerfreulich. Mr. Wat teilte mir mit, dass sein Wagen einen Defekt hätte und wir in eine Werkstätte müssten. Tatsächlich klang der Motor nicht gut. Es lag die Vermutung nahe, dass wir nur mit drei Zylindern unterwegs waren. In der handgestrickten, wenig vertrauenswürdigen Werkstatt verbrachten wir rund eine Stunde ohne konkretes Ergebnis. Da der Motor unter dem Fahrersitz lag, musste dieser aufgeklappt werden. Mr. Wat entschied sich zur langsamen Weiterfahrt. Selbstverständlich war ich von dieser Entwicklung nicht angetan.
Schulkinder in Mae La Noi
Die Reise ging exakt Richtung Süden nahe der Grenze zu Myanmar ins rund 170 Kilometer entfernte
Mae Sariang. Wir befanden uns mitten im Bergland und die Straßen waren mitunter recht steil. Manchmal blieben wir an steilen Abschnitten einfach stehen, so schwach war der Wagen bereits. Verschlimmert wurde alles noch durch die unangepasste Fahrweise. Bergab ließ er es laufen, dass mir angst und bange wurde, wohingegen er beim Bergauffahren ruckartig ohne Schwung und viel zu langsam unterwegs war. Irgendwie stieg in mir das Gefühl auf, dass der Mann sein Auto zu Tode gespart hatte. Mit dem verdienten Geld könnte er es jetzt reparieren lassen. Wir fuhren am Mae Surin Nationalpark vorbei. Es war undenkbar, mit diesem Auto in das Gelände zu fahren. Zudem regnete es häufig und stark. Auf einer kleinen Anhöhe stand neben der Straße ein bescheidener Tempel mit einem kleinen Chedi. Ich stieg kurz aus, schoss ein paar Fotos und genoss die frische Natur. Die Reisfelder leuchteten im Regen noch frischer. Dann tauchten plötzlich immer wieder tote Bäume auf landwirtschaftlichen Flächen auf.
Landschaft zwischen Mae Hong Son und Mae Sariang
Mr. Wat erklärte mir, dass die Bäume von den Menschen, welche die Felder bewirtschafteten, vergiftet worden waren. Das war keine sehr erfreuliche Mitteilung. In
Mae La Noi kurz vor unserem eigentlichen Ziel wollte mir Mr. Wat einen Tempel zeigen. Es begann jedoch so heftig zu schütten, dass er den Weg nicht fand, und wir umdrehen mussten. Wir machten Mittagspause. Eine große Anzahl Schulkinder kam vorbei. Sie waren sehr freundlich und sprachen kurz mit mir. Erneut parkte sich Mr. Wat nach dem Essen in einer nahen Werkstätte ein. Diese schien mir ein wenig professioneller zu sein, aber noch immer sehr einfach. An die zwei Stunden vergingen mit allerlei Gerede und Hypothesen. Ein Zylinder war ausgefallen, aber warum? Beim Weiterfahren war nichts besser. In Mae Sariang fand ich erst beim dritten Anlauf einen brauchbaren kleinen Bungalow. Beim Hotel zuvor hätte man sich am Eingang die Schuhe ausziehen müssen, was ich definitiv verweigerte. Das ewige Schuhe-Ausziehen empfand ich zunehmend als Zumutung. Es war in Summe
Mae Sariang-Tempel im birmanischen Stil
unhygienischer als in den Schuhen zu bleiben.
Auch Mae Sariang liegt reizvoll in einem Gebiet mit historisch gewachsenen Verbindungen nach Myanmar. Die Architektur spiegelt das nahe Nachbarland wider. Mein Bungalow war zwar kein Luxusresort und auch vom Nachbarn hörte man jedes Wort, bot aber ein sehr gutes Internet und die Menschen waren sympathisch. Wir hatten das Problem mit dem Auto und mir war einigermaßen unklar, wie es weitergehen sollte. In weiser Voraussicht hatte ich bereits Kontakt mit Saran aufgenommen und angefragt, ob er mich allenfalls weiter betreuen könnte. In Mae Sariang schaute ich mir noch zwei gegenüberliegende
Tempel gleich an der Einfahrtsstraße an. Der erste im
birmanischen Stil mit mehrstöckigem Pagodendach ist ein auffälliges Bauwerk. Zur Zeit meines Besuchs war er verschlossen. Im Außenbereich sah ich schöne Holztüren mit kunstvollen Schnitzereien. Gegenüber steht leicht erhöht ein buddhistischer Tempel im klassischen Stil. An seiner Rückseite befinden sich
Mae Sariang-Dekor am Portal eines buddhistischen Tempels
eingezäunt zwei weiß-goldene Chedis. Im Inneren sind ein Bildnis des jungen Königs als Mönch und bunte Wandmalereien zu sehen. Aufgrund des wackeligen Zustands unseres Autos musste die Route geändert werden. Es war nicht mehr möglich, entlang der Grenze im bergigen Gebiet nach Süden weiter zu fahren. Stattdessen bogen wir ostwärts Richtung
Chom Thong ab. Auch diese Strecke war landschaftlich sehr reizvoll. Kurz blieben wir bei einer Forschungsstation für Wälder mit schönen Bäumen neben einer Wiese stehen und ließen den Motor abkühlen. Von der Bodenplatte ging eine extreme Hitze aus. Eigentlich hätte es zu diesem Zeitpunkt schon dämmern müssen, was hier los war, doch ich mischte mich nicht ein. Am Weg lagen der
Ob Luang Nationalpark und der wilde
Mae Cham Fluss mit gewaltigen Stromschnellen. An ein weiteres Stehenbleiben war allerdings nicht zu denken. Mr. Wat fuhr wie ein Geistesgestörter und war auch nicht ansprechbar. Ich forderte ihn auf, langsamer zu fahren und er reagierte überhaupt nicht mehr. Die Situation war ein wenig beängstigend. Bergab und in Kurven fuhr er mit weit überhöhter Geschwindigkeit.
Chom Thong-Resort im Grünen
Das Problem war vor allem, dass er im Falle des Falles keine adäquate Reaktion hätte setzen können, da er vom Autofahren keinen blassen Schimmer hatte.
Wir erreichten
Hot, einen Kreuzungspunkt knapp mehr als einhundert Kilometer von Mae Sariang entfernt und gingen Mittag essen. Danach sprang der Wagen nicht mehr an. Man konnte von Glück reden, dass dieses endgültige Aus in der Stadt und nicht irgendwo mitten im Wald passierte. Die Maschine war total überhitzt, das war mir schon länger aufgefallen, aber die Instrumente hatten nichts angezeigt. Sie waren vermutlich defekt und Mr. Wat hatte sie nicht reparieren lassen. Gegenüber gab es eine Werkstätte, die wieder nichts Entscheidendes zu Wege brachte. Es schien nun aber klar zu sein, dass die Wasserkühlung ausgefallen und durch die Überhitzung ein Zylinder eingegangen war. Obwohl ich in den letzten beiden Tagen nichts mehr bezahlte, war das Verhalten von Mr. Wat mehr als beschämend. Ich als sein Kunde interessierte ihn überhaupt nicht mehr, er überlegte nur noch, wie er günstig aus dieser Situation aussteigen konnte. Mit Saran hatte ich bereits fixiert, dass er mich am nächsten Tag abholen sollte. Zum Glück hatte er Zeit und nahm die weite Anreise aus Bangkok in Kauf, die ich ihm natürlich ersetzte. Er war ein ganz anderes Kaliber und nicht mit dem geizigen Mr. Wat zu vergleichen. Ein Einheimischer brachte mich dann in Begleitung von Mr. Wat die restlichen rund dreißig Kilometer gegen Bezahlung nach Chom Thong. Im zweiten Anlauf fand ich dort ein ruhiges Resort im Grünen, wo ich gelassen auf die Anreise von Saran warten konnte. Die gemeinsame Reise mit Mr. Wat war an diesem Punkt nach exakt 2121 Kilometern und vierzehn Tagen zu Ende, und ich war ehrlich gesagt froh darüber. Meine anfänglichen Zweifel hatten sich als berechtigt heraus gestellt.